Ein ehrenhafter AbgangMatthes und Seitz Berlin, Berlin
2023
ISBN
9783751809085, Gebunden, 139Seiten, 20,00
EUR
Klappentext
Aus dem Französischen von Nicola Denis. Vietnam war Schauplatz zweier Kriege, die zu den längsten und opferreichsten der Geschichte zählen. Éric Vuillard schildert, wie zwei der größten Mächte der Welt in einer kolossalen Umkehrung der Geschichte gegen ein kleines Volk in ungeheuer verlustreichen Kriegen verlieren. Er erzählt von dem siegreichen Kampf des Unterlegenen und dem Aufstand eines von Kolonialmächten ausgebeuteten und geschundenen Volks. Er lässt das gewaltige Geflecht aus wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen sichtbar werden und erweckt eine ganze Galerie schillernder Figuren zum Leben: Kautschukpflanzer, französische Generäle, ihre Ehefrauen, Politiker, Bankiers. Ein ehrenhafter Abgang ist eine zutiefst beunruhigende menschliche Komödie, die ständig aufs Neue aufgeführt zu werden scheint.
Rezensionsnotiz zu
Die Zeit, 04.05.2023
Rezensentin Katharina Teutsch ist begeistert, aber sie vergisst darüber ein bisschen klarzumachen, was in dem Buch eigentlich geschieht. Ein Roman scheint es nicht zu sein, auch wenn Vuillard als Literat gilt und 2017 den Goncourt-Preis bekam. Teutsch schildert ihn als Spezialisten für das "vermaledeite 20. Jahrhundert" und den französischen Anteil daran. Bei kritischen Franzosen sind immer die Eliten an allem schuld, und so sei es auch mit dem Indochinakrieg: "Die französische Finanzbourgeoisie mit ihrer strikten Heiratsordnung hat ihn zusammen mit einer exklusiven Verwaltungselite zu verantworten, die ihre Privilegien zum Teil noch von den Bourbonen ableitet", resümiert Teutsch. Es klingt vielleicht ein bisschen verschwörungstheoretisch, aber natürlich gibt es in Frankreich die von Vuillard beschriebene sehr große Kontinuität der Großbourgeoisie und der Notablen. Und hinzukommen natürlich all die Spekulanten und Minenbesitzer, die nur ans Geld denken. Vuillard habe mal wieder ein tolles Buch zur Devise "Follow the Money" geschrieben, schließt die Rezensentin.
Rezensionsnotiz zu
Deutschlandfunk, 09.03.2023
Rezensentin Sigrid Brinkmann schätzt Éric Vuillard als Vertreter einer littérature engagée, die sich Einzelereignissen der Weltgeschichte widmet: So auch in seinem neuen Buch über ein Treffen der politischen und wirtschaftlichen Elite 1954 in der Banque de l'Indochine, während die französische Kolonialmacht der Viet Minh-Volksarmee unterliegt. Dass sie den Stil des Autors als engagiert, lebendig, aber auch subjektiv wahrnimmt, zeigt sie anhand eingestreuter Zitate, etwa wenn Vuillard beispielsweise den Kommandanten de Castries als "Gardenparty-Löwen" bezeichnet. Spöttisch, mit manchen Szenen, die der Kritikerin doch zu wild erscheinen, um wahr zu sein, schafft Vuillard ein plastisches Bild von Debatten um eine Bank, die auf die Niederlage Frankreichs spekuliert, und trägt wie nebenbei mit guter Quellenkenntnis zur Rehabilitierung des Dekolonialismus-Befürworters und späteren Ministerpräsidenten Mendès France bei. Spannende Präzision, die ihre Protagonisten nicht schont, urteilt Brinkmann.