Die
offizielle türkische Geschichtsschreibung behauptet, dass der Kampf für Frauenrechte mit der Gründung der Türkischen Republik einherging,
schreibt Funda Şenol. Diese Version, nach der die Gründerväter der Türkei den Frauen ihre Rechte "zugestanden" hätten, wurde erst spät von der Geschichtsschreibung angezweifelt und man stellte fest, dass es schon lange vor dem Entstehen der Republik feministische Bestrebungen gegeben hatte - die die
Frauenrechtsbewegung des 20. Jahrhunderts in der Türkei erst möglich machten. Senol zeichnet dieses Jahrhundert des Kampfes für Frauenrechte nach und beleuchtet dabei auch die Rolle der Künste und der Verlage, die eine tragende Rolle im
modernen türkischen Feminismus spielten: "Die Zeitschrift
Elele (der Name "Hand in Hand" wurde im Rahmen eines Leserwettbewerbs ausgewählt) entstand Ende 1976 und entwickelte sich zu einer Publikation, die in einem sanften Ton die Herausforderungen, mit denen Frauen konfrontiert sind, für eine breitere Leserschaft verdeutlichte und mögliche Lösungen anbot. Die Zeitschrift gehörte zur Hürriyet-Gruppe. Vor
Elele behandelten Frauenzeitschriften vor allem Themen wie Kinderbetreuung, Gesundheit und Mutterschaft.
Elele änderte ihren Ansatz, indem es diese Themen in einem enzyklopädischen Format präsentierte, das mit Hilfe von Fachleuten erstellt wurde. Vor allem führte
Elele einen
bahnbrechenden Sexratgeber ein, der sich ausdrücklich an Frauen richtete. Die Zeitschrift erinnerte die Leserinnen nicht nur an ihre Pflichten als Mütter und Ehefrauen, sondern belebte auch den
Kampf um Rechte und Gleichberechtigung neu. Während diese Themen im Westen durch den harten Kampf der ersten Welle des Feminismus weitgehend aufgegriffen worden waren, waren sie in der Türkei nur ein kleiner Aspekt der Opposition gewesen. Die Forderung nach
Legalisierung der Abtreibung, ein Thema, das später immer wieder auftauchen sollte, wurde zum ersten Mal in
Elele in einem von Selma Tükel vorbereiteten Dossier geäußert. Die Bedrohung durch das Abtreibungsverbot, die die
Gesundheit der Frauen durch illegale Eingriffe gefährdet, wurde ausführlich diskutiert und mit Beispielen und Expertenmeinungen belegt." (Heute ist Abtreibung in der Türkei theoretisch legal und praktisch verboten,
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