In der
Zeit diskutieren der Architekt
Philipp Oswalt und der SPD-Politiker
Wolfgang Thierse, der den
Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses mit vorangetrieben hat und auch dem Rat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz angehört, über Oswalts Vorwürfe, für das Bauprojekt wären Spenden von Rechtsextremen akzeptiert worden (
unser Resümee). Thierse betont die "aufklärerische Arbeit" des Humboldt-Projektes, die wichtiger sei als die Gesinnung weniger Spender: "Wir dürfen uns doch dadurch, dass Menschen aus falschen Motiven das Humboldt Forum loben, nicht beeinträchtigen lassen in der Arbeit für die
kulturelle Zukunft unseres Planeten. Das würde ja eine geradezu gespenstische Lähmung hervorrufen." Oswalt hingegen attestiert den Verantwortlichen eine unreflektierte "Idealisierung des Preußentums": "Herr Thierse spricht von der Wiedergewinnung von Geschichte, damit meint er sicherlich die preußische Geschichte und das Kaiserreich, die Zeit vor 1918. Ohnehin scheint es in der SPD eine Sehnsucht nach diesen großen preußischen Symbolen zu geben, namhafte Parteimitglieder haben sich ja auch für die Wiedererrichtung der
Potsdamer Garnisonkirche eingesetzt. …Was für ein Selbstverständnis wird da der heutigen Gesellschaft eingebaut?"
Auf
Spon verteidigt der Historiker
Jürgen Zimmerer, einer der Hauptvertreter der postkolonialen Idee, Claudia Roths umstrittenes Konzept für eine neue Erinnerungskultur (
Unser Resümee): das Einbeziehen von Kolonialismus und migrantischen Standpunkten sei nur konsequent, meint er. "Deutschlands Erinnerungskultur steht seit Längerem
vor einem Dilemma. Bei heutigen Schülerinnen und Schülern, an die sich viele Angebote der NS-Gedenkstättenarbeit richten, sind nicht einmal mehr die Großeltern im Zweiten Weltkrieg geboren und damit unmittelbar persönlich in die Verbrechen involviert - wenn diese Großeltern überhaupt im Gebiet des Deutschen Reiches lebten. Deutschland ist
längst ein Einwanderungsland geworden, Migration Bestandteil vieler Familienbiografien. (...) Als eine der zentralen Lehren aus dem Rassenwahn der Deutschen ergab sich die
Absage an jegliches völkisches Konzept von Deutschsein. Auch deshalb ist das Konzept aus dem Hause Roth so wichtig. Denn es erkennt die Migrationserfahrungen in Deutschland an und bringt sie in einen erinnerungspolitischen Zusammenhang mit den Verbrechen des Nationalsozialismus. Eine
offizielle Würdigung der Migrationsgeschichte als Teil einer neuen, post-völkischen deutschen Identität ist eine Überwindung des nationalsozialistischen Wahns an zentraler Stelle."