Axel Honneth

Der arbeitende Souverän

Eine normative Theorie der Arbeit
Cover: Der arbeitende Souverän
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518587973
Gebunden, 400 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

"Es gehört zu den größten Mängeln fast aller Theorien der Demokratie, mit erstaunlicher Hartnäckigkeit immer wieder zu vergessen, dass die meisten Mitglieder des von ihnen lauthals beschworenen Souveräns stets auch arbeitende Subjekte sind."Welche Rolle spielt die Organisation von Arbeitsverhältnissen für die Bestandssicherung eines demokratischen Gemeinwesens? Das ist die Frage, der Axel Honneth in seiner neuen großen Monographie nachgeht, deren Schlüsselbegriffe "gesellschaftliche Arbeit" und "soziale Arbeitsteilung" sind. Seine zentrale These lautet, dass die Teilnahme an der demokratischen Willensbildung an die Voraussetzung einer transparent und fair geregelten Arbeitsteilung gebunden ist. Honneth begründet zunächst, warum es gerechtfertigt ist, die Arbeitsverhältnisse auf ihre Demokratieverträglichkeit hin zu prüfen. Dann zeichnet er die Entwicklung der Arbeitsbedingungen seit dem Beginn des Kapitalismus im 19. Jahrhundert nach. Fluchtpunkt dieses mit eindrücklichen literarischen Zeugnissen illustrierten historischen Streifzugs, der unter anderem in die Welt der Landarbeiter, der - zumeist weiblichen - Dienstboten und der ersten Industriearbeiter führt, ist die Vermutung, dass die heutigen Arbeitsverhältnisse zunehmend die Chancen zur aktiven Teilnahme an der demokratischen Meinungs- und Willensbildung untergraben. Daher wird im letzten Teil des Buches umrissen, an welchen Scharnierstellen eine Politik der Arbeit heute anzusetzen hätte, um den sich abzeichnenden Missständen entgegenzuwirken und zu einer dringend benötigten Neubelebung demokratischer Partizipation beizutragen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.05.2023

Rezensent Gerald Wagner kann Axel Honneths Sicht auf die arbeitende Klasse nicht goutieren. Dass der Autor heutige Arbeitsverhältnisse so darstellt, als "schufteten" die Menschen "wie bei Engels", kann er selbst einem Philosophen nur schwer durchgehen lassen. Honneth braucht die Fallhöhe, meint Wagner, um seinem Ruf nach Verbesserung der Verhältnisse mehr Gewicht zu geben. Laut Wagner kehrt er dabei allerdings Betriebsräte und Sozialwahlen unzulässigerweise unter den Tisch kehrt. Honneths Versuch, aus seinen Prämissen den vermeintlichen Verfall der demokratischen Rechte der Beschäftigten abzuleiten, findet Wagner daher nicht allzu überzeugend.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 22.04.2023

Viele Worte nutzt Soziologe Axel Honneth, um wenig zu sagen, mokiert sich Kritiker Jakob Hayner. Sein neues Buch handelt auf rund 400 Seiten von der doch recht knappen These, der Arbeiter sei von der Demokratie vergessen worden und leide unter Politikverdrossenheit. In seinem Appell, dem entgegenzuwirken und die Demokratie wieder zu stärken, verrennt sich Honneth in Vorschläge wie einem Pflichtdienst, der die Wertschätzung für politische Partizipation(smöglichkeiten) verbessern soll - den Rezensenten kann er damit nicht überzeugen. Die Krise der Demokratie, die auch jenen "arbeitenden Souverän" betrifft, scheint der Autor als Erklärungsansatz aus dem Blick verloren zu haben, mutmaßt Hayner. So mutiert Honneth für ihn in diesem Buch in einen bevormundenden "Gewerkschaftsonkel."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.04.2023

Rezensent Claus Leggewie findet zunächst nur richtig, dass der Philosoph Axel Honneth in seinem Buch darauf aufmerksam macht, wie sehr die Arbeitsverhältnisse des Kapitalismus - insbesondere ganz oben und ganz unten - einer politischen Teilhabe im Weg stehen. "Glänzend" lege Honneth dar, wie etwa die konstante zeitliche und psychische Belastung, ein mangelndes Vertrauen in den Arbeitgeber oder ein allzu monotoner Charakter der Arbeitstätigkeit selbst letztlich sowohl Kapazitäten als auch überhaupt die intrinsische Motivation, am politischen Gemeinwesen teilzuhaben, verhindern. Dabei gehe es bei dem an Hegel, Durkheim und G. D. H. Cole geschulten Denker eher ideengeschichtlich als sozialgeschichtlich zu, aber bei seinen Vorschlägen zu einer alternativen "sozialdemokratischen Arbeitspolitik", zum Beispiel einer Art "Gap Year zur Einübung demokratischer Beteiligung", das zu einer sozialen Betätigung zur Erweiterung des Personenumkreises verpflichten soll, macht Honneth sich und dem Leser "keine Illusionen", erkennt der Kritiker. Irritiert ist er nur davon, wie vehement der Autor gegen das Bedingungslose Grundeinkommen argumentiert. Insgesamt eine theoretisch sehr souveräne Darstellung und beste Grundlage für einen Streit über die Praxis, schließt Leggewie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.03.2023

Als einen Solitär in der philosophischen Landschaft bezeichnet Rezensent Wolfgang Hellmich Axel Honneths Theorie der Arbeit in der Demokratie. Mit einem expliziten Urteil hält sich Hellmich zurück, aber er gibt Honneths Gedanken doch recht angeregt und ohne Widerspruch wider. Für das demokratische Zusammenleben hält Honneth eine Gestaltung der Arbeitswelt für entscheidend, erklärt Hellmich, die sich an Hegels Prinzipien von Sinngebung, Verantwortung und Anerkennung orientiert. Arbeit müsse zudem so organisiert sein, dass sie den Menschen Raum für Familie, Ehrenamt und politische Teilhabe lasse. Auch Honneths Skepsis gegenüber einem bedingungslosen Gundeinkommen findet der Rezensent nachvollziehbar. Am Ende sieht Hellmich in dem Buch eine "Sozialphilosophie der kleinen Leute".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2023

Rezensent Peter Neumann empfiehlt Axel Honneths Buch über eine andere Arbeit. Honneths Versuch einer kritischen Theorie der Arbeit im Sinne einer Beschäftigung, die den Menschen wieder mehr Teilhabe ermöglicht, nicht mehr Rückzug ins Private, scheint Neumann interessant, denkt sie doch Erwerbsleben und politische Öffentlichkeit zusammen. Honneths Vorschläge, wie harte Arbeit wieder attraktiv werden und zur Gemeinschaftung beitragen könnte, kennt Neumann auch von Raymond Geuss. Etwas unbehaglich fühlt sich der Rezensent aber, wenn Honneth für die staatliche Gestaltungsmacht bei den Arbeitsbedingungen plädiert. Da sieht Neumann wohl hart erkämpfte liberale Freiheiten in Gefahr.