Barbara Cassin

Nostalgie

Wann sind wir wirklich zuhause?
Cover: Nostalgie
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518587706
Gebunden, 142 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christine Pries. Warum fühlen wir uns manchmal wie Fremde, auch wenn wir zu Hause sind? Und warum, so fragt sich die französische Philosophin Barbara Cassin, empfinde ich umgekehrt Nostalgie, wenn ich an Korsika denke, obwohl ich meine Wurzeln nicht dort habe? In ihrem gefeierten Essay erforscht sie dieses starke Gefühl und die Implikationen, die es für uns sowohl als Individuen als auch als Mitglieder einer politischen Gemeinschaft hat. Eine fesselnde philosophische Meditation über Flucht, Exil und die Sehnsucht nach einer Heimat. Cassin geht diesen universellen Themen nach, indem sie zwei Gründungstexte der westlichen Kultur neu liest: Homers Odyssee und Vergils Aeneis, zwei Irrfahrten durchs Mittelmeer auf der Suche nach einem Zuhause. In einer Analyse des Werks der Exilantin Hannah Arendt zeigt sie anschließend, wie die Sehnsucht nach Heimat angesichts ihrer oft fatalen Folgen neu gedacht werden sollte, nämlich in Begriffen der Sprache statt des Territoriums.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.02.2022

Rezensent Stephan Wackwitz bekommt politische und philosophische Anregungen mit dem Essay der Philosophin und Altphilologin Barbara Cassin. Was die Autorin über Heimat, Identität und Nostalgie schreibt, findet Wackwitz kenntnis- und ideenreich, sympathisch und zeitgemäß. Mit den antiken Nomaden Odysseus und Aeneas und mit Hannah Arendts Exilerfahrungen umgehend, öffnet die Autorin laut Wackwitz den Blick auf die sozusagen bereichernde, neue Perspektiven eröffnende Seite der Wurzellosigkeit. Wie Aeneas Rom nur gründen konnte, indem er die Muttersprache aufgab, wie Arendt aus der Erfahrung des Exils heraus ein Heimatgefühl entwickelt, vermittelt Cassin für Wackwitz auf faszinierende Weise.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.01.2022

Rezensent Jens Balzer setzt auf den Nostalgie-Begriff, wie ihn die Altphilologin Barbara Cassin in ihrem Buch von 2013 entwickelt. Nostalgie und die damit zusammenhängende Erfahrung des Heimatverlustes nicht gedacht als rückwärtsgewandtes Gefühl, sondern als emanzipatorischer Impuls nach vorn, wie ihn die Autorin anhand ihrer "Odyssee"- und "Aeneis"-Lektüren und anhand von Aussagen Hannah Arendts und eigener Erfahrungen erarbeitet, das sagt Balzer zu. Begriffsgeschichte, Persönliches und präzise Philologie bietet der Band dem Rezensenten. Was Nostalgie und Heimat sein können, versteht er jetzt besser.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.12.2021

Rezensent Peter Neumann folgt der Philosophin Barbara Cassin gern bei ihrer Erkundung einer Nostalgie, die nicht klebrig ist, sondern offen und unruhig und auf die Zukunft gerichtet. Aktuell findet er noch Cassins Verschaltung der Odyssee und der Aeneis mit einer politischen Theorie des Fremdseins, weil sie Bezüge zu den Migrationsströmen unserer Zeit erlaubt, wie er findet. Wenn Cassin mit Hannah Arendt einen anderen als auf Verwurzelung zielenden Begriff von Heimat erkundet, einen der Sprache, fühlt sich Neumann angekommen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.11.2021

Rezensent Jens-Christian Rabe entdeckt neue Facetten des Begriffs Nostalgie mit dem Essay der Philosophin Barbara Cassin. Ob Cassin über ihr persönliches Nostalgie-Erlebnis mit Korsika berichtet und Heimat als fiktionales Konstrukt erkennt oder den Heimkehr-Topos in der "Odyssee" und in der "Aeneis" analysiert und in den antiken Texten Exilgeschichten sieht, stets öffnen sich für Rabe neue Horizonte, bekommt Nostalgie einen ganz anderen Nimbus als den der "beschränkten Heimatseligkeit". Dass die existenzielle Wurzellosigkeit noch einmal etwas anderes darstellt, ahnt Rabe sehr wohl.
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