Bora Cosic

Im Ministerium für Mamas Angelegenheiten

Geschichten über alle möglichen Gewerbe
Cover: Im Ministerium für Mamas Angelegenheiten
Folio Verlag, Bozen/Wien 2011
ISBN 9783852565569
Gebunden, 160 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Serbischen von Katharina Wolf-Grießhaber. Schattenwerfer, Schürzenjäger, Zauberer, Russen, Lumpen ? diese und viele andere Gewerbetreibende bevölkern das neue Buch von Bora Cosic. Sie treffen als bunt schillernde Darsteller eines Gewerbes, einer Berufung oder Lebensauffassung, leicht überdreht, auf sympathische Weise real, auf eine heruntergekommene Familie im Belgrad der 1940er-Jahre: auf den daueralkoholisierten Vater, die geplagte Mutter, den frauentröstenden Onkel, die empfindsamen Tanten und den rechthaberischen Großvater. Aus der Perspektive des naiven Kindes erzählt der Autor turbulente Geschichten aus großen Zeiten: vom Ende des Zweiten Weltkrieges, von der Befreiung Belgrads vom Hitlerfaschismus, von den Partisanen und den russischen Befreiern und von den ersten Jahren des sozialistischen Aufbaus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2011

Führt der Erzähler, führt der Autor die Rezensentin Judith von Sternburg an der Nase herum? Beruhen die Geschichten in diesem Band des bald 80-jährigen Serben Bora Cosic auf einem simplen Trick? Und wenn schon. Immerhin, meint Sternburg, gelingt dem Autor damit eins der gewitztesten Bücher des Frühjahrs. Die sämtlich um 1944 spielenden Geschichten aus einem Mehrparteienhaus in Belgrad führen die Rezensentin durch die Perspektive eines wunderbar ahnungslosen Jungen (ahnungslos in Bezug auf den herrschenden Krieg) zu vom Autor effektvoll inszenierten Einsichten (etwa, dass sich das Große im Kleinen spiegelt). So erscheint Sternburg das Buch auch als mild ironischer Bildungsroman, der nicht wenig von Cosics Wortwitz (wunderbar übersetzt von Katharina Wolf-Grießhaber, findet Sternburg) lebt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.03.2011

Rezensent Karl-Markus Gauß ist in Bora Cosics Erzählband "Im Ministerium für Mamas Angelegenheiten" auf den "Olymp des Kleinbürgertums" gestiegen und hat sich köstlich amüsiert. Gauß stieß auf ein Ensemble kurioser Figuren - "raffiniert" geschildert aus der Perspektive eines unbedarften, aber unangepassten Kindes. Im Belgrad der vierziger Jahre herrscht die deutsche Besatzungsmacht, die SS marschiert über die Straßen, aber die Familie des Ich-Erzählers ist mit "Wesentlicherem" beschäftigt, so der Kritiker: Die Mutter sinniert darüber, wie ihr Kind schwimmen lernen kann, der Vater säuft, der Onkel verführt die Damen des Mietshauses und die Tanten beobachten vom Fenster aus die "schneidigen deutschen Soldaten" und die "feschen jugoslawischen Partisanen". Und wenn nach dem kommunistischen Umsturz überall der Satz "Wir dienen dem Volk" zu hören ist, kann sich der kindliche Erzähler dies nur mit einer allgemeinen "Verkellnerung" erklären. Gauß lobt ausdrücklich die Übersetzung von Katharina Wolf-Grießhaber.