Dovid Bergelson

"Die Welt möge Zeuge sein"

Erzählungen
Cover: "Die Welt möge Zeuge sein"
Jüdischer Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783633543243
Gebunden, 458 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Aus dem Jiddischen von Peter Comans, Susanne Klingenstein u.a. Dovid Bergelson, 1882 in Ochrimowo in der heutigen Ukraine geboren, prägte über vier Jahrzehnte die moderne jiddische Literatur. Ob in Kiew, Berlin, New York oder Moskau - Bergelsons literarische Stimme wurde gehört. Er gilt als Erneuerer der jiddischen Prosa zwischen Moderne und Sozialistischem Realismus, bis mit dem Zweiten Weltkrieg und der versuchten Judenvernichtung Bergelsons Schreiben schließlich eine neue, existenzielle Dimension erreichte. Am 12. August 1952 wurde Dovid Bergelson in der sogenannten "Nacht der ermordeten Dichter" in Moskau hingerichtet. Der vorliegende Band versammelt erstmalig ausgewählte Prosa sowie einen Dramenausschnitt aus Dovid Bergelsons umfänglichem Schaffen. Ergänzt sind die Texte um einen Anmerkungsapparat, ein Glossar und ein ausführliches Nachwort zum Leben und Werk Dovid Bergelsons.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2023

Dovid Bergelson, jiddischer Autor, war eines der Opfer von Stalins "Nacht der ermordeten Dichter" 1952, kann Rezensent Jakob Hessing in der hervorragenden Einleitung zu dessen Erzählungen von den Herausgeberinnen Sabine Koller und Alexandra Polyan lesen: So erschließt sich ihm auch die chronologische Einteilung der einzelnen Texte, die die Stationen seines bewegten Lebens zwischen Sowjetunion und Deutschland und immer wieder Exil deutlich machen. Das Frühwerk zeigt Hessing zufolge deutlich modernistische Züge, eine Geschichte über die sowjetische Siedlungspolitik mit starker Bibelsymbolik eignet eine "doppelt traurige Ironie", denn Stalin wird die jiddischen Dichter kurz darauf zwingen, alles Hebräische fallenzulassen. Auch ein Zusammenschluss von Alliierten und dem Jüdischen Antifaschistischen Komitee ist nur von kurzer Dauer - ob all dieser Traumata und der ihm entzogenen jüdischen Leserschaft nimmt es kaum Wunder, so der Kritiker, dass Bergelson den typisch jiddischen Witz vermissen lässt. So ist das Buch für ihn in gewisser Weise auch Mahnmal für ermordete Schriftsteller und Terror, bestehen doch die Methoden von damals auch heute noch, wie er resümiert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.08.2023

Rezensent Christian Thomas entdeckt überall in den 20 im Band enthaltenen Erzählungen und Dokumenten von Dovid Bergelson das Thema Gewalt. Der Autor, 1952 dem Stalinistischen Terror zum Opfer gefallen, präsentiert sich hier laut Thomas allerdings in der ganzen Bandbreite seines Schaffens. Bergelsons Figuren, laut Thomas Gehandicapte, deren Psyche der Autor mit viel Gespür und Empathie erkundet, hadern mit den Verhältnissen von Revolution und Krieg. Die Texte tragen für Thomas sämtlich die Signatur eines Jahrhunderts der Extreme.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.08.2023

Rezensentin Judith Leister liegt mit diesem Band des jiddischen Dichters Dovid Bergelson ein grandioses Werk vor. Erzählungen aus vierzig Schaffensjahren sind hier versammelt, die den "Niedergang des jüdischen Lebens" unter Stalin dokumentieren. Bergelson wurde im Gebiet der heutigen Westukraine geboren, und floh nach der Revolution nach Berlin. Dort traf er die künstlerische und literarische Avantgarde und etablierte sich zu einem der wichtigsten Schriftsteller seiner Generation, die auf Jiddisch publizierten. 1934 musste er vor den Nationalsozialisten zurück in die Sowjetunion fliehen, lesen wir, und schrieb als einer der ersten über die Gräuel des Holocaust. Doch auch die Sowjetunion versuchte auf grausame Weise, die jüdische Bevölkerung und ihre Kultur zu vernichten: Bergelson wurde 1954 im Lubjanka-Gefängis in Moskau im Zuge der sogenannten "Nacht der ermordeten Dichter" hingerichtet. Die Rezensentin liest erschütternde und atmosphärisch dichte Prosa, die unter die Haut geht.