Francis Nenik

E. oder Die Insel

Roman
Cover: E. oder Die Insel
Voland und Quist Verlag, Dresden und Leipzig 2021
ISBN 9783863912413
Gebunden, 290 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

April 1945, auf einer Insel in der Mulde. In einem Gebüsch hält sich ein Mann versteckt. Seine Knie sind aufgeschlagen, seine Sachen nass, in der Ferne ist das Geräusch krachender Haubitzen zu hören. Er blickt auf das Pfarrhaus am Ufer, in dem er mit seiner Frau und den Kindern gelebt hat. Aber jetzt sind sie weg. Sie scheinen verschleppt worden zu sein, und er ist sich sicher, dass ihr Verschwinden etwas mit ihm zu tun hat. Er versucht sich zu erinnern. Ein Mann mit einem Klumpfuß kommt ihm in den Sinn. Und ein kleines Mädchen, von dem er nach und nach zu erzählen beginnt. Was er sieht, hört und denkt, schreibt er auf. Ein Abschiedsbrief an seine Frau. Ein Bericht, mit dem er Zeugnis ablegt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.07.2021

Rezensent Nils Kahlefendt liest Francis Neniks aus akribischer Archivarbeit hervorgegangene Geschichte eines Leipziger Eugenikers mit wachsendem Grauen. Wie der Autor seinen Ich-Erzähler nicht als Monster, sondern als ängstlichen Beobachter während der letzten Kriegstage einführt, wie er dessen Erinnerungen und Beobachtungen langsam zur Täter-Rhetorik und Rechtfertigungsschrift verdichtet, scheint dem Rezensenten stark und raffiniert umgesetzt. Für den Leser, der sich mit der Verdrängung und Rechtfertigung eines NS-Täters konfrontiert sieht, ist das allerdings mitunter schwer erträglich, warnt er.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 18.05.2021

Rezensent Samuel Hamen erkennt in Francis Neniks Roman, den er achtungsvoll in eine Reihe mit Marcel Beyers "Flughunde" und Jonathan Littells "Die Wohlgesinnten" stellt, den Versuch, von der Unabschließbarkeit historischen Denkens zu erzählen. Die 1945 spielende Geschichte über einen Eugeniker besticht für Hamen durch die skupulöse Erkundung der Täterperspektive, die vom Leser Urteilsbildung einfordert, wie meint. Auf die Art wird Täterschaft für Hamen als "ambivalentes Phänomen" erkennbar und historische Schuld als Problem der Gegenwart.

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