Giovanni Catelli

Camus muss sterben

Cover: Camus muss sterben
Emons Verlag, Köln 2023
ISBN 9783740819859
Kartoniert, 160 Seiten, 13 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Carsten Drecoll. Albert Camus' mysteriöser Todesfall neu aufgerollt: eine perfide Verschwörung des KGB? Frankreich, Januar 1960: Albert Camus und sein Verleger Michel Gallimard sind auf dem Weg nach Paris, als ihr Auto ins Schleudern gerät und gegen einen Baum prallt - Camus ist sofort tot. Die Kollision wird als tragischer Unfall zu den Akten gelegt. Doch mehr als vierzig Jahre später tauchen Informationen auf, die ein neues Licht auf das angebliche Unglück werfen: Sind dem Autor seine sowjetkritischen Reden letztlich zum Verhängnis geworden? Wurde Camus' Tod vom KGB geplant?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.01.2024

Nein, nein, nein, Rezensent Roman Bucheli kann mit diesem Buch überhaupt nichts anfangen. Camus soll nicht durch einen gewöhnlichen Autounfall umgekommen, sondern vom KGB ermordet worden sein? Gewiss, Camus war ein scharfer Kritiker der Sowjetunion - insbesondere nach der Niederschlagung des Aufstands in Ungarn - aber für eine Manipulation des Unfallwagens gibt es nicht den geringsten Beweis, schimpft Bucheli. Dass ein tschechischer Schriftsteller in seinem Tagebuch behauptet hat, er habe dies von einem - anonym bleibenden - Informanten erfahren, ist für Bucheli nur Klatsch. Zumal der angebliche Auftraggeber, der sowjetische Außenminister Dmitri Schepilow, zum Zeitpunkt von Camus' tödlichem Unfall schon drei Jahre außer Amtes war. So unfähig ist der KGB nicht, dass er für einen Anschlag auf eine Zivilperson drei Jahre braucht, schnaubt der Kritiker. Den angeblichen Tathergang ergänze Autor Giovanni Catelli auch noch mit der Phantasie eines zweitklassigen Krimiautors - dieses Buch ist total unglaubwürdig, findet der schaudernde Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.01.2024

Wie ein Kriminalroman liest sich Giovanni Catellis Recherche über den Tod Albert Camus, so Rezensent Wolf Lepenies. Catelli ist sich, führt Lepenies aus, sicher, dass der Autounfall, der dem Leben des Franzosen ein Ende setzte, eben kein Unfall war, sondern vom russischen Geheimdienst inszeniert wurde. Catelli zeichnet laut Rezensent die Umstände des Todes nach und beweist unter anderem mithilfe von Briefen, dass Camus' Todesfahrt keineswegs ein spontaner Entschluss zugrunde lag, weshalb auch interessierte Kreise von ihr Wind hätten bekommen können. Catelli selbst stößt, lernt Lepenies aus dem Buch, durch einen Tagebucheintrag des Übersetzers Jan Zábrana auf das Gerücht, der russische Geheimdienst habe seine Finger im Spiel gehabt, er beginnt dann eine Recherche, die in einige Sackgassen führt, aber dem Autor auch selbst anonyme Drohungen einbringt. Catelli glaubt, so Lepenies, dass Camus sterben musste, um die Annäherung der Sowjetunion an Frankreich während der Chruschtschow-Ära nicht zu gefährden - hatte Camus doch 1957 den sowjetischen Außenminister Schepilow attackiert. Eine "smoking gun" kann Lepenies in Catellis Buch freilich nicht finden. Camus' Tod bleibt ein offener Fall, so das Fazit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 22.12.2023

Rezensent Marko Martin liest mit "Camus muss sterben" eine interessante Melange aus Porträt, "Essay, Reportage und Agententhriller". Sein Ausgangspunkt ist ein Verdacht, den er vom tschechischen Dichter und Dissidenten Jan Zábrana übernimmt, welcher sich wiederum auf die Behauptungen bzw. Schilderungen eines Mannes stützt, "der viele Sachen weiß" oder meint zu wissen, wie zum Beispiel dies: Dass der Unfall 1960, bei dem Albert Camus und sein Verleger ums Leben kamen, kein Unfall war, sondern ein vom KGB eingefädelter Mord. Wie Martin erfährt, gibt es tatsächlich einige Indizien, die für eine solche Auslegung der teils ungeklärten Umstände sprechen. Dass Catelli nicht stärker auf jene Tatsachen eingeht, die dagegen sprechen, bedauert der Rezensent. Allerdings liegt die große Kraft dieses Buches seiner Meinung nach ohnehin wo anders: Catelli gelingt es nicht nur, seine Leserschaft zu fesseln und zu unterhalten, vor allem schafft er es, uns das Denken und Schreiben dieses moralisch unbeugsamen, mutigen und hellsichtigen Autors wieder näher zu bringen, so der begeisterte Rezensent.