Heinrich August Winkler

Zerbricht der Westen?

Über die gegenwärtige Krise in Europa und Amerika
Cover: Zerbricht der Westen?
C.H. Beck Verlag, München 2017
ISBN 9783406711732
Gebunden, 493 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Der Westen steckt in seiner schwersten Krise. Heinrich August Winkler analysiert die Ursachen und erklärt die Zusammenhänge. Zerbricht der Westen? Finanzkrise, Flüchtlingsströme, Brexit, autoritäre Regime in der EU und an ihren Grenzen, dazu ein amerikanischer Präsident, der weltweit für tiefe Verunsicherung sorgt - Europa und Amerika haben mit so vielen Herausforderungen gleichzeitig zu kämpfen, dass Endzeitstimmung aufkommt. Gleichsam als "Geschichte auf Widerruf" beschreibt der Kenner des Westens Schritt für Schritt die jüngsten Ereignisse - und er spart dabei nicht mit klaren Urteilen über das, was falsch gelaufen ist, was richtig bleibt und was sich dringend ändern muss, wenn der Westen die Krise überwinden will.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.12.2017

Der Historiker Heinrich August Winkler hat dem "Westen" bereits vier dicke, mehrere tausend Seiten lange Bücher gewidmet. Dieser Band ist gewissermaßen der Nachklapp zu seiner eigentlich abgeschlossenen Reihe. Er behandelt die Zeit von 2015 bis 2017, in der er die Krise der westlichen Demokratien (Aufstieg des Rechtspopulismus, Brexit, Währungsunion) manifest werden sieht. Eine Antwort auf die Titelfrage gibt er dabei nicht so recht, meint Rezensent Eckhard Jesse, der auf diesen Band wohl hätte verzichten können. Es fehlt ihm hier etwas die "Distanz zum Zeitgeschehen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.10.2017

Rezensent Gregor Schöllgen kann nur staunen mit welcher Gründlichkeit Heinrich August Winkler das politische Geschehen der letzten drei Jahre analysiert. Die europäische Wertegemeinschaft geht den Autor an, das ist Schöllgen sofort klar, wenn er den an Winklers Geschichte der westlichen Welt anknüpfenden Band aufschlägt. Allein der Brexit beschäftigt Winkler auf 50 Seiten! Die Stärke des Buches erkennt Schöllgen in der dauernden Einladung zum Widerspruch. Nichts auf der politischen Bühne der jüngsten Vergangenheit, worüber sich nicht streiten ließen, findet er, etwa über Winklers Forderung die Reform der EU voranzutreiben. Da widerspricht der Rezensent: Die westliche Wertegemeinschaft, meint er, müsse vielmehr von Grund auf neu verhandelt werden, um Bewährtes zu erhalten und - das klingt am Ende der Rezension an, die Ost-Erweiterung in Frage zu stellen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.09.2017

Stefan Reinecke zeigt sich enttäuscht von Heinrich August Winklers neuem Buch. Weder intellektuell noch narrativ kann der Autor an eigene frühere Arbeiten zu Europa anschließen, meint er. Zwischen Brexit, Trump, EU-Gipfel, Rechtsruck und Wahlkämpfen, die der Autor eher "buchhalterisch" auflistet, kann er keine ordnende Hand erkennen. Was macht denn die Rechtsautoritären so interessant? Keine Antwort vom Autor, stellt Reinecke fest. Und regressiv findet der Rezensent Winklers Haltung zum Nationalstaat als einzig mögliches Gefäß der Demokratie.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.09.2017

Heinrich August Winkler kann einfach gut erzählen, versichert Rezensent Stephan Speicher. Entsprechend gern lässt sich der Kritiker von dem Historiker zunächst auf einen kurzen Streifzug durch die Geschichte des Westens mitnehmen, um dann en Detail und in kleinschrittiger Chronologie die Ereignisse der letzten Jahre nachzulesen - ohne sich dabei zu langweilen. Und doch vermisst der Rezensent bald tiefergehende Reflexionen zur Natur der Krise und Mut zur Spekulation: Warum sich Winkler zum Aufstieg Trumps oder der "Enthemmung" in der Brexit-Kampagne oder in der polnischen Innenpolitik weitgehend bedeckt hält, kann Speicher nicht ganz nachvollziehen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 29.08.2017

Marc Reichwein erfährt bei Heinrich August Winkler, dass der Westen in der Krise ist. Reichwein scheint dem "Großhistoriker" Winkler nicht ganz über den Weg zu trauen. Der Autor sitze der Falle seiner eigenen Meistererzählung vom Westen auf, die fortgeschrieben sein wolle, meint er. Das "stoische" Abarbeiten all der Krisen erinnert ihn an einen zur Nachlese verdonnerten Leitartikler. Dass Winkler Errungenschaften des Westens immerhin "sporadisch" in seine Erzählung einflicht und er sich zu politischen Fragen (Schuldenkrise, Flüchtlingskrise) positioniert, merkt sich Reichwein zwar, ein Mangel an Distanz zum Zeitgeschehen beim Autor entgeht ihm aber ebensowenig. Bei der Wiedergabe von nur Vorläufigem aber überschreitet der Historiker die Grenze zum Banalen, findet Reichwein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.08.2017

Andreas Zielcke sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht in Heinrich August Winklers Abgesang auf den Westen. Viel Fleiß steckt in dem Buch, meint er und lobt seine Gehaltfülle, vor allem, wenn es um die Krise der EU geht. Einen roten Faden kann er jedoch nicht entdecken. Und stellen die von Winkler angesprochenen Probleme den Westen als normatives Projekt wirklich infrage? Darauf erhält Zielcke im Text keine Antwort. Eine soziologische Analyse der westlichen Wertegemeinschaft hielte er für ergiebiger. Auch, da dem Autor für eine ideengeschichtliche Vertiefung seines Riesenthemas (verständlicherweise) der Atem fehlt.
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