Janos Szekely

Eine Nacht, die vor 700 Jahren begann

Roman
Cover: Eine Nacht, die vor 700 Jahren begann
Diogenes Verlag, Zürich 2023
ISBN 9783257072365
Gebunden, 704 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ulrich Blumenbach. Mit einem Nachwort von Sacha Batthyany und einer Erinnerung von Katherine Frohriep geb. Székely. Während im Sommer 1944 deutsche Soldaten ungarische Dörfer plündern, stellen sich die Bauern in Kákásd immer noch dieselbe Frage wie vor 700 Jahren: Wie sollen sie leben von dem Lohn, den sie vom Grafen erhalten? Ein Streik könnte alles ändern. Doch in einer Zeit, in der ein Menschenleben billig und Weizen teuer ist, stehen die Chancen auf Erfolg schlecht. Ein junges Liebespaar auf der Flucht und ein Bauer bringen jedoch etwas ins Rollen, und das Leben im Dorf gerät aus den Fugen. Dieser Roman eines der größten ungarischen Romanciers war jahrzehntelang verschollen und erscheint hier zum allerersten Mal.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.12.2023

Rezensent Lothar Müller freut sich, dass János Székelys Roman aus der kürzlich wiederaufgetauchten, englischen Übersetzung - die ungarische Originalversion ist verschollen - nun auch auf Deutsch vorliegt. Der Roman des jüdisch-ungarischen Exilanten, der vorübergehend auch in Hollywood und Babelsberg als Drehbuchautor erfolgreich war, erzählt vom fiktiven Dorf Kákásd in der ungarischen Provinz während der Besatzung durch die Deutsche Wehrmacht ab 1944. Mit der Dreiecksgeschichte um den Bauern János Garas und ein bei ihm unterkommendes Zigeunerpärchen (der historischen Authentizität wegen habe der Verlag sich für die Beibehaltung des Worts entschieden, so Müller) habe die Geschichte einen melodramatischen Kern, und auch in den Dialogen sieht der Kritiker Székelys Tätigkeit als Drehbuchautor durchscheinen. Allerdings liefere der Autor auch tiefgreifende historische Analysen: Beeindruckend findet Müller hier etwa die Parallelführung von deutschem Antisemitismus und inner-ungarischem Antiziganismus, die Verfestigung patriarchaler Systeme in den "virilen Energien" einzelner Figuren, und vor allem die Verschränkung der Vergangenheit des Dorfes zu Zeiten des Ersten Weltkriegs und des Weißen Terrors mit der Romangegenwart 1944. Ein beeindruckendes historisches und "soziales Relief" dieses Dorfes, vermittelt der Kritiker.

 
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.10.2023

Rezensent Karl-Markus Gauss wünscht Janos Szekely eine große Leserschaft, auch wenn er versteht, dass die "Zigeunerromantik", wie sie der Autor in seinem Roman, der eine abenteuerliche Publikationsgeschichte hat, pflegt, nicht jedermanns Sache ist, ebenso die Drastik der im Buch erzählten Liebesgeschichte. Wie der Autor allerdings ein Panorama der ungarischen Gesellschaft im Sommer 1944 zeichnet, dialogisch pointiert, historisch versiert, gesellschaftskritisch scharfsichtig und gespickt mit originellen Figuren, das findet Gauss bemerkenswert. Im Nachwort steht auch, wieso der Verlag das "Z"-Wort beibehalten hat, so Gauss.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.06.2023

Dass dieses Buch überhaupt erscheinen kann, ist für den Kritiker Carsten Hueck nahezu ein Wunder, ist doch das Originalmanuskript dieses bereits 70 Jahre alten ungarischen Romans verschollen und liegt nur in einer englischen Übersetzung vor, die jetzt ins Deutsche übertragen und mit einem instruktiven Nachwort von Sacha Batthyany versehen wurde. Der Autor János Székely hat selbst ein bewegtes Flucht- und Exilleben geführt, hier schreibt er über eine Nacht am Ende des Zweiten Weltkriegs in Ungarn, seine Protagonisten Marci, Julka und Garas stehen in einer merkwürdigen Dreiecksbeziehung - überraschend viel Sex kommt vor, wie Hueck bekundet. Aber auch, und gerade das macht den Roman für ihn so empfehlenswert, eine klare Sicht auf politische Entwicklungen, lebendig-ätherische Figuren und fast filmisch wirkende Erzähltechniken.