Michael Ignatieff

Virtueller Krieg

Kosovo und die Folgen
Cover: Virtueller Krieg
Rotbuch Verlag, Hamburg 2001
ISBN 9783434530855
Kartoniert, 223 Seiten, 17,38 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Angelika Hildebrandt. Virtueller Krieg handelt von den Folgen eines Engagements. In Essays beschreibt Ignatieff die internationale Gemeinschaft im Kosovo am Werk, wobei er exemplarisch fünf Personen mit fünf großen Themen in Beziehung setzt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.09.2001

Rüdiger Suchsland stellt zwei neue Publikationen zur (europäischen) Kriegsgeschichte vor. Beide werden von ihm um so mehr gelobt, als er die Disziplin der Kriegswissenschaft in Deutschland zu unterbewertet sieht:
1.) Michael Howard: "Die Erfindung des Friedens. Über den Krieg und die Ordnung der Welt"
"Engagiert, mit klaren Thesen und Mut zur Parteinahme" versuche der britische Historiker Michael Howard die zweitausendjährige Kriegs-Geschichte Europas zu umreißen. Dabei stelle er die Frage nach den Realisierungschancen der historisch relativ jungen Friedens-Idee. Das Bild, das er in eleganter Sprache und Denkstil von der Gegenwart zeichne, sei geprägt von der Ambivalenz zwischen der Vorstellung einer transnationalen Gemeinschaft mit gemeinsamem Wertesystem einerseits und der 'Privatisierung' kriegerischer Auseinandersetzungen andererseits. Nur bei der Einschätzung des Jahres 1989 hätte sich der Rezensent mehr "Abwägung und die Analyse von Alternativen" gewünscht.
2.) Michael Ignatieff: "Virtueller Krieg. Kosovo und die Folgen"
Wie eine Ergänzung zu Howards Buch liest sich laut Suchsland die Studie von Michael Ignatieff über den Kosovo-Konflikt und seine Folgen. Der Rezensent ist ganz emphatisch: Das Buch von Ignatieff sei an Detailreichtum und perspektivischer Vielfalt mit keiner bisherigen Publikation zu diesem Thema im deutschen Sprachraum vergleichbar. Sein Vorzug sei, journalistische Reportage mit der "Analyse des philosophisch geschulten Historikers" zu vereinen. Über Techniken, Praxis und Alltagswirklichkeit des modernen Krieges erfahre man - oft aus der Sicht von Beteiligten - sehr viel, desgleichen über die Voraussetzungen von Politik in dieser Region überhaupt. Die Untersuchung des Autors steht nach Suchsland dabei unter der Perspektive seiner Rede vom "virtuellen" Krieg, dessen Phänomen und Bedeutungsaspekte Ignatieff vermesse.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.08.2001

Der britische Historiker und Publizist Michael Ignatieff hat viele aufgesucht, die in Verbindung zum Kosovo-Krieg stehen: den amerikanischen Unterhändler Richard Holbrooke, den Nato-Oberbefehlshaber Wesley K. Clarke, die Den Haager Chefanklägerin Louise Arbour, alte serbische Freunde, Kosovaren, albanische Flüchtlinge. Aus diesen unmittelbaren Begegnungen sind plastische Bilder, Apercus, Tableaus und Porträts entstanden, die den Krieg selbst aber nicht erklären, moniert Rudolf Walther. Erst im letzten Teil des Bandes komme der Autor zum eigentlichen Thema, dem "Virtuellen Krieg". Auch wenn das Wort "virtuell" hier unangenehm überstrapaziert werde, habe Ignatieff doch eine scharfsinnige Analyse verfasst, in der er die Besonderheit des Kosovokrieges als "humanitären Krieg" und die außergewöhnliche Manipulation der Journalisten hervorhebt. Der scheint aber auch der Autor selbst aufgesessen sein, denn zumindest sprachlich identifiziert er sich mit militärischen und politischen Entscheidungsträgern, wenn er von "wir" und "unsere" bei deren Einschätzung und Beschlüssen spricht, ärgert sich ein darüber etwas irritierter Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Hohes Lob erhält das Buch des britisch-kanadischen Historikers Michael Ignatieff über den Charakter des Kosovo-Kriegs, seine Rechtfertigung und seine Folgen von Alex Rühle. Ignatieffs Buch sei ein "Zwitter" aus politischer Analyse und szenischer Reportage, in denen der Autor auch seine Erfahrungen aus eigener Anschauung verarbeite, so Rühle. Er versuche zu rechtfertigen, warum der Krieg trotz seiner medialen Verharmlosung (Stichwort Kollateralschaden) gerechtfertigt war. Dazu habe Ignatieff fünf Protagonisten der Krise beschrieben, darunter Louise Arbor, Chefanklägerin in Den Haag, General Wesley Clarke und in einem "faszinierenden Porträt" den Diplomaten Richard Holbrooke. Ignatieff ist ein entschiedener Befürworter einer westlichen Interventionspolitik in Fällen von Massentötungen und Vertreibungen, der anhand des Kosovo-Kriegs "eine Art Kriterienkatalog für militärische Interventionen" zu erstellen versucht, wie Rühle schreibt. Mit seinem "spannenden Buch", so Rühle, schließe Ignatieff eine Trilogie über die neuen Spielarten des Nationalismus und die westliche Interventionspoltik ab, zu der er ebenfalls einiges zu sagen habe
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