Nuruddin Farah

Duniyas Gaben

Roman
Cover: Duniyas Gaben
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518412862
Gebunden, 358 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Pemsel. Mogadischu in den 80er Jahren: Sandstürme fegen über die Stadt, es herrschen Chaos, Dürre und Lebensmittelknappheit, ein nicht enden wollender Bürgerkrieg. Plünderer hasten über die Straßen, Frauen plaudern in der Hitze vor ihren Häusern mit den Nachbarn. Hier lebt Duniya mit ihren Kindern. Sie arbeitet als Hebamme im Krankenhaus. Für Duniya ist die "Liebe wie ein Palast", in den sie bis jetzt noch keinen Fuß hat setzen können: zwei unglückliche Ehen liegen hinter ihr. Doch dann taucht Bosaaso auf, zunächst als Schmetterling in ihren Träumen, dann als Gesicht im Rückspiegel ihres Taxis ? und ein gemeinsames Schicksal nimmt seinen Lauf ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.01.2002

Nuruddin Farah, 1945 im südsomalischen Baidoa geboren, zählt seit langem, weiß Angela Schader, zu den "geschätzesten" Autoren Afrikas. Sein kritisches schriftstellerisches Engagement führte ihn 1974 ins Exil. Seither hat er eine ganze Reihe von Werken verfasst, die sich mit dem Zustand seines kriegs- und krisengeschüttelten Landes befassen. Seine beiden Hauptwerke, die Trilogien "Variationen über das Thema einer afrikanischen Diktatur" mit den Teilbänden "Bruder Zwilling", "Tochter Frau" und "Vater Mensch" sowie der zweite Triptychon mit den Bänden "Maps", "Duniyas Gaben" und "Geheimnisse" liegen nun zur Freude der Rezensentin vollständig im Deutschen vor. In einer sehr langen Besprechung hat sich Schader mit dem zweiten und dritten Band der ersten Trilogie sowie dem mittleren Band der zweiten Trilogie auseinandergesetzt. Beide Werkgruppen, ist der Rezensentin aufgefallen, kreisen um die Themen Diktatur und Exil. Bei "Duniyas Gaben" handelt es sich um den Mittelteil der zweiten Trilogie, die die Rezensentin insgesamt noch "abstrakter" und "symbolträchtiger" findet als die erste Trilogie. "Duniyas Gaben" hatte sich der Autor, vermutet Schader, als "Scherzo" zwischen den eher düsteren Bänden 1 und 3 gedacht. Denn dieser Roman sei eine linear erzählte, muntere Liebesgeschichte, in der politische Botschaften unbekümmert neben der eigentlichen Handlung einhergingen. Die Grundidee Farahs sei aber weniger eine seichte Liebesgeschichte, sondern einerseits eine Hommage an eine starke Frau, andererseits eine Backpfeife ins wohlmeinende Antlitz des postkolonialen Westens, schreibt Schader. Duniya erscheint der Rezensentin zwar als stark, aber auch als selbstgerecht und herzlos, was sie für einen ungewollten Effekt und damit für eine Schwachstelle des Romans hält. In jedem Fall aber führe Farah sehr eindrücklich vor Augen, welche katastrophalen Folgen westliche Hilfsprojekte in Afrika oft zeitigten, etwa, wenn die Einfuhr von Nahrungsmitteln die heimische Produktion ruiniere oder aber gerade die Hilfe von außen diktatorische Regime stütze, anstatt sie zu stürzen, denkt Schader.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.12.2001

Die Romane des somalischen Autors Nuruddin Farah sind allesamt von "starken weiblichen Charakteren" geprägt, schreibt Rezensentin Sabine Berking. So auch dieser "feministisch korrekte" Roman, der 1993 im Original erschien: Die Hauptperson schlägt sich als Hebamme mit zwei Kindern in Mogadischu durch, resümiert Berking. In ihrer Not gebe sie eines ihrer Kinder weg, um mietfrei wohnen zu können. Erst als die Frau einen reichen Unternehmer kennen lernt, nimmt der Roman eine Wendung mit "voraussehbarem" Happy End, findet die Rezensentin. Sie wundert sich, dass der Autor eine so "einfache Geschichte" über Gut und Böse schreibt und die "Realität von Hunger (und) Diktatur" eher beiläufig erwähnt. Berking kritisiert den Roman als "moralisches Lehrstück über Geben und Nehmen" - der Tauschhandel finden dabei statt zwischen Mann und Frau, Individuum und Familie sowie Erster und Dritter Welt. "Ermüdend und plakativ" findet das Berking. Auch die Hauptperson ist ihr zu sehr idealisiert.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.12.2001

Zwei Romane des Somaliers Nurrudin Farah sind jetzt parallel auf deutsch erschienen und beide gehören, wie Ilja Trojanow erläutert, zwei unterschiedlichen Trilogien an, die jetzt jeweils komplett übersetzt vorliegen: "Dunijas Gaben" (Suhrkamp) und "Vater Mensch" (Frederking und Thaler).
Trojanow geht in seiner Besprechung vor allem auf "Duniyas Gaben " ein, das Mittelstück aus einer Trilogie, zu der noch "Maps" und "Geheimnisse" gehören. Variationen zum Thema afrikanische Familie, benennt Trojanow das Oberthema. Gilt zu Beginn die Familie als Hort der Sicherheit und Gegenpol zum politischen Geschehen, das von Willkür bestimmt ist, bekommt der Gehorsam des Clandenkens im Laufe der Trilogie etwas Grausames, analysiert der Rezensent. Vor allem Kinder und Frauen komme dieses Denken teuer zu stehen. Trojanow bezeichnet Farahs Romane als weder exotisch noch folkloristisch - sie pflegen, wie er meint, "einen etwas überhöhten intellektuellen Diskurs". Der Somalier lebt seit vielen Jahren im Exil - und kehrt literarisch immer wieder in seine Heimat zurück, mit dem Blick des Gebildeten und Herumgekommenen, der für Trojanow den Besonderheiten seines Landes ein "anthropologisches Lehrstück" abgewinnt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2001

"Duniyas Gaben", 1993 im Original erschienen, ein Roman über eine alleinerziehende Mutter Mitte 30, die trotz aller widrigen Lebensumstände in Somalia ihr Leben meistert, ist ein Stück "umgekehrter Entwicklungshilfe", meint Stefan Weidner. Nuruddin Farah schreibe über eine Seite des leidgeprüften Landes, die keine noch so gut recherchierte Reportage schildern könnte. Hier komme das Private zur Sprache, die Perspektive der Frauen, die weit weniger pessimistisch sei als allgemein berichtet. Farahs Frauen sind emanzipierter als alle Klischees vermitteln, sie finden ihr Glück im Unglück und trotz der Fiktion stehen die Realität und die symbolische Ebene in einem kunstvollen Gleichgewicht, denkt der Rezensent.