Richard Flanagan

Die unbekannte Terroristin

Roman
Cover: Die unbekannte Terroristin
Piper Verlag, München 2016
ISBN 9783492057103
Gebunden, 336 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Eva Bonné. In einem Fußballstadion werden drei Bomben entdeckt, und Gina Davis verbringt eine Nacht mit einem Fremden. Als sie aufwacht, ist der Mann verschwunden und sie eine mutmaßliche Terroristin. Noch bevor sie sich stellen und alles aufklären kann, entgleitet ihr die Kontrolle über ihr gesamtes Leben. Wer soll ihr noch glauben? Sogar sie selbst kann sich der endlosen Schleife der Fernsehbilder kaum entziehen: Tariq und sie auf den Bildern der Überwachungskameras, Schnitt. Die Bomben im Stadion, Schnitt. Anschläge in Städten auf der ganzen Welt. Gina wird klar, dass diese gigantische politische und mediale Maschinerie nicht mehr zu stoppen ist. In nur drei Tagen ist aus ihr ein vollkommen anderer Mensch geworden: Sie ist der Feind. Sie ist die Angst vor der Bedrohung durch das Unbekannte, das unsere Welt dieser Tage in Schrecken versetzt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.02.2017

Sylvia Staude hat Richard Flanagans im Original bereits 2006 erschienenen Roman mit gemischten Gefühlen gelesen. Der Geschichte der Pole-Tänzerin Puppe, die mit einem vermeintlichen islamistischen Terroristen eine Nacht verbringt und in deren Folge ins Fadenkreuz von Polizei und Presse gerät, attestiert die Kritikerin nicht nur Weitsicht, sondern auch Rasanz und Gespür für Satire. Zugleich muss sie aber gestehen, dass sich Flanagan in seinem "Zorn" gelegentlich zu Klischees und Pauschalurteilen hinreißen lässt. Als "Abrechnung" mit Australien kann Staude den Roman allerdings empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.12.2016

Anders als Leon de Winter, der gerade einen süffigen Thriller über den Terrorismus geschrieben hat, beschäftigt sich Richard Flanagan in einer "abgründigen Posse" mit dem Thema, informiert Rezensent Daniel Haas. Bei Flanagan vergeht dem Kritiker jegliches Schmunzeln: Er folgt hier der Stripperin Puppe durch die Konsumhölle Sydneys, die nach einem One-Night-Stand mit einem arabischstämmigen mutmaßlichen Terroristin selbst ins Visier der Ermittler gerät und von Geheimdiensten verfolgt wird. Flanagans Heldin erscheint dem Kritiker wie eine australische Katharina Blum; vor allem aber hat er einen spannenden und "zynischen" Roman über die Auswüchse der Überwachungskultur gelesen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.11.2016

Ein "Hohelied auf die Liebe" nennt Rezensentin Claudia Kramatschek Richard Flanagans Roman "Die unbekannte Terroristin". Ein solches Hohelied, das lässt die Formulierung erahnen, funktioniert natürlich nicht ohne etwas Kitsch und Pathos, doch dies kann die Rezensenten leicht verzeihen, denn Flanagans Geschichte hat wesentlich mehr zu bieten. Sie zeigt über die spannende Geschichte einer fälschlicherweise als Terroristin gebrandmarkten Stripperin, wie verführerisch es für eine Gesellschaft sein kann, durch Angst und Abgrenzung Identität zu stiften. Die unterschwellige These dabei ist provokant, aber nicht uninteressant und kommt gerade zur rechten Zeit, findet Kramatschek: Liebe ist die einzige Macht, die wir besitzen, dort, wo sie versagt, regiert der Tod.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.10.2016

Hans-Peter Kunisch ist glücklich, dass Richard Flanagans bereits 2006 im Original erschienener Roman "Die unbekannte Terroristin" nun in glänzender Übersetzung von Eva Bonné auf Deutsch vorliegt. Denn in dem Buch, das für ihn weit mehr ist als ein typischer "Post-9/11-Roman", gelingen dem Autor gleich zwei Meisterwerke, verspricht der Kritiker: Allein wie Flanagan seine Heldin, die Stripperin Puppe, die sich mit Geld und Markenklamotten gegen Außenwelt und Träume panzert, mit Präzision, scharfen Konturen und Lässigkeit porträtiert, ringt dem Rezensenten höchste Anerkennung ab. Wenn der Autor im zweiten Teil des Romans schildert, wie Puppe zur vermeintlichen Terroristin gemacht wird und dabei am Beispiel "aufmerksamkeitsheischender" Medien eindringlich die Hysterie der Öffentlichkeit nach dem elften September nachzeichnet, verschlägt es Kunisch vollends den Atem.
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