Stefan Capaliku

Tirana - Ein kurzer Traum

Roman
Cover: Tirana - Ein kurzer Traum
Transit Buchverlag, Berlin 2024
ISBN 9783887474102
Gebunden, 160 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Albanischen von Zuzana Finger. Ein weißer Fleck in unserer europäischen Geschichte: Albanien im Zweiten Weltkrieg: Zuerst die Invasion durch das faschistische Italien, für die Albaner ein Schock, weil deren Beziehungen zu dem benachbarten Land seit Ewigkeiten eher freundschaftlich waren. Dann 1943: Italien stellt sich auf die Seite der Alliierten, italienische Soldaten fliehen oder schließen sich den albanischen Partisanen an. Diese kämpfen gegen die deutsche Besatzungsmacht ebenso wie vorher gegen die italienische, beteiligen sich daran, Juden vor den Deutschen zu verstecken und zu retten, und übernehmen nach dem Rückzug der Deutschen die Macht, eine Macht, die dann nach internen Kämpfen bald in eine Diktatur mündet.Vor diesem Hintergrund spielt dieser Roman. Drei Liebesgeschichten in den Zeiten des Krieges: eine In Rom, eine in Salzburg, eine in Tirana. Eine in der Künstlerwelt, eine in einem Kloster, eine im damals chaotischen Albanien. Aus diesen gesellschaftlich und politisch unterschiedlichen Perspektiven entwickelt sich ein sehr komplexes Bild von Menschen, die plötzlich aus ihren Lebensweisen und ihren Plänen herausgeschleudert werden, die sich ganz neu beweisen oder erfinden müssen. Und wie sich dadurch Beziehungen ändern und ganz neue Hoffnungen entstehen, so in der wunderschön erzählten Liebe zwischen einem sechzigjährigen albanischen Schuster und einer jungen italienischen Prostituierten …

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.04.2024

Mit beeindruckender Lakonie, findet Rezensent Jörg Plath, erzählt Stefan Çapaliku in "Tirana - Ein kurzer Traum" von der Zeit zwischen Faschismus und Kommunismus, welche die albanische Gesellschaft im Jahr 1943 durchlebt. 1943/44 von den Deutschen besetzt und von Hitlers Sonderbevollmächtigtem Hermann Jonas drangsaliert, wird Albanien ab 1944 diktatorisch von der sozialistischen Partei regiert. In der Zeit dazwischen sehnen sich Çapalikus Protagonist:innen, wie Plath feststellt, nach einem normalen Leben. Diese ,Pause' wird durch die einzelnen Szenen unterbrechende, kurze oder längere kursive Passagen markiert; neben der Einteilung in drei Teile strukturiert sie das 150 Seiten starke Buch. Dass die Figuren weitgehend ungeachtet der weltpolitischen Ereignisse unter alltäglichen Problemen leiden und allein die als gewalttätig geschilderten Partisanen politische Überzeugungen vertreten, findet der Rezensent zumindest erstaunlich; auch kann er der Übersetzung von Zuzana Finger keine Eleganz bescheinigen. Gleichwohl hält Plath Çapalikus Erzählung vom Albanien der 40er Jahre, das zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus gerät, für gelungen und durchaus lesenswert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 19.03.2024

Rezensent Marko Martin ist froh, dass albanische Literatur hierzulande zunehmend bekannter wird. Nun reiht sich mit Stefan Capalikus Kurzroman "Tirana" ein neues Werk in die Reihe ein, das vor allem dadurch besticht, dass der Autor äußerst prägnant albanische Geschichte zwischen September 1943 und November 1944 zu verdichten weiß, versichert der Kritiker. Er folgt hier einer gutbürgerlichen Professorenfamilie, die unfreiwillig in eine Kollaboration mit den Deutschen gedrängt wird, einem aus Italien zurückkehrenden und nun für die Partisanen arbeitenden Frauenhelden, einem Nazi mit serbischer Mätresse, einem jungen Schuster und einem Akrobaten. Nie idealisiert Capaliku seine (Anti-)Helden, vielmehr zeigt er schonungslos, wie Alltag und Schrecken miteinander verknüpft sind, so Martin. Und dass der Roman nie zum "dräuenden National-Epos" wird, rechnet Martin dem Autor besonders hoch an.