W. Daniel Wilson

Goethe und die Juden

Faszination und Feindschaft
Cover: Goethe und die Juden
C.H. Beck Verlag, München 2024
ISBN 9783406814945
Gebunden, 351 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Goethe und die Juden - das heikle Thema wurde allzu lange gemieden. Dabei war Goethes Verhältnis zu den Juden seiner Zeit mehr als zwiespältig. Neben einer gewissen Faszination standen Vorurteile und - besonders in Goethes späteren Jahren - eine regelrechte Feindschaft, die er jedoch bewusst kaum öffentlich äußerte. Auf Grund von bisher ungenutzten Quellen deckt der bekannte Goethe-Forscher W. Daniel Wilson diese schwierige Seite von Goethes Leben und Wirken auf."In Jena darf nach alten Gesetzen kein Jude übernachten. Diese löbliche Anordnung dürfte gewiß künftig hin besser als bisher aufrecht erhalten werden." So schrieb Goethe 1816 in einem Brief. In seinen öffentlichen Äußerungen und Tätigkeiten stellte er sich meist als Freund der Juden dar, auch um seine vielen jüdischen Verehrer und Verehrerinnen nicht zu verlieren. Doch besonders ab 1796 ging er in harte Opposition gegen die Emanzipation der Juden. Diese Haltung stand auch nur scheinbar in Widerspruch zu seinen freundschaftlichen Kontakten mit einigen gebildeten Juden. Im zeitgenössischen Kontext fragt W. Daniel Wilson, wie Goethes Einstellungen zu bewerten sind und wen er überhaupt als "Juden" betrachtete. Wilson zeigt uns den Schriftsteller und Politiker, denn Theaterdirektor und den Privatmann Goethe und zeichnet ein differenziertes Bild, das dennoch klare Urteile nicht scheut. 275. Geburtstag am 28. August 2024 Ein lange gemiedenes Thema in der Beschäftigung mit Goethe W. Daniel Wilson wertet bisher kaum beachtete Quellen aus

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.05.2024

Kompliziert war Goethes Blick auf das Judentum, lernt Rezensent Gustav Seibt aus diesem Buch. W. Daniel Wilsons beschäftigt sich darin nicht mit der Rolle des Judentums in Goethes literarischem Werk, lernen wir, sondern mit archivarisch belegten privaten Einlassungen zum Thema. Diese belegen durchaus krass judenfeindliche Äußerungen, etwa über jüdisch-christliche Mischehen in einem Gespräch, das Goethe mit einem Kanzler Müller im Jahr 1823 führt, erfährt Seibt. Insgesamt jedoch ist die Sachlage nicht so eindeutig, stellt er nach der Lektüre klar, es gibt auch Belege dafür, dass Goethe Juden gegen Ungleichbehandlung verteidigte, außerdem ist hervorzuheben, dass seiner Judenfeindschaft nie rassistische Motive zugrunde liegen. Aber was dann? Es ist die Ablehnung der aufkommenden Moderne, der Goethe zu judenfeindlichen Äußerungen treibt, überlegt Seibt - und damit steht Goethe für ihn "untergründig" doch in der Tradition des modernen Antisemitismus.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 10.05.2024

Nichts in Goethes Biografie ist so wenig diskutiert worden wie sein Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft. Diese Lücke will der amerikanische Germanist W. Daniel Wilson schließen. Rezensent Thomas Groß entnimmt dieser Untersuchung allerdings eher die Geschichte der Unterdrückung der Juden im Deutschland der Fürstentümer.  Goethe hingegen äußerte sich nicht zur judenfeindlichen Politik seiner Zeit, lernt der Kritiker von Wilson. Goethes Haltung den Juden gegenüber war wohl ambivalent, entsprechend bleibt dessen Position auch in Wilsons Untersuchung ungeklärt. Der Germanist liest aus seiner Biografie judenfeindliche Tendenzen ebenso heraus wie eine große Faszination, so Groß. Offen pro-jüdisch habe sich Goethe jedenfalls nicht geäußert.