Waguih Ghali

Snooker in Kairo

Roman
Cover: Snooker in Kairo
C.H. Beck Verlag, München 2018
ISBN 9783406719028
Gebunden, 256 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch. In "Snooker in Kairo" geht es um Ram und seinen Freund Font, ihre Familien und Freunde, und um seine Liebe zur Jüdin Edna. Ram und Font stammen aus der ägyptischen Oberschicht, es ist das Kairo der 1950er-Jahre, das heute sehnsüchtig verklärt wird. Sie sind eher europäisch, aber nicht arabisch geprägt und schon gar nicht religiös.
Waguih Ghalis einziger Roman wurde während des arabischen Frühlings zu einem Fanal für die Demonstrierenden, weil das von ihm beschriebene Ägypten unter Nasser mit seiner Repression so sehr an die Gegenwart erinnert. Die jungen Leute verachten die dekadente Schicht, aus der sie teilweise kommen, und bleiben doch gefangen in den Annehmlichkeiten, die sie gewohnt sind, sie wirken orientierungslos und verloren, zynisch, empfindsam, komisch, anarchisch und voll Lebenshunger.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.08.2018

Rezensentin Swantje Kubillus hat Waghui Ghalis einziger Roman "Snooker in Kairo", der eigentlich schon 1964 veröffentlicht wurde, nun aber ins Deutsche übersetzt wurde, tief beeindruckt. Der Protagonist sei ein melancholischer Jugendlicher aus der alten arabischen Oberschicht, der auf der einen Seite den Imperialismus verachte, auf der anderen aber keine authentische ägyptische Identität finden könne. Laut Kubillus flüchtet er sich deshalb in Alkohol, Glücksspiele und die sterile Dunkelheit des Snookerclubs, in dem er sich meist aufhält. Die frisch an die Macht gekommene Nasser-Regierung mit ihrer starken militärischen Präsenz im Alltag verschlimmere die deprimierende Lage des orientierungslosen Jugendlichen weiter, so Kubillus. Dank dieser Themen sei der Roman, der mit viel Zynismus aufwarte, heute eine äußerst wertvolle Lektüre, die die Rezensentin allerdings emotional so mitgenommen hat, dass sie Lesepausen empfiehlt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.07.2018

Rezensent Christian Meier hält den erst jetzt auf Deutsch erscheinenden Roman von Waguih Ghali für ein Meisterwerk. Das 1964 in England erstveröffentlichte Buch spielt um 1954 in Kairo und besticht laut Rezensent durch seine Komik wie durch seine Tragik gleichermaßen. Die Beschreibungen der Kairoer feinen Gesellschaft nach der Revolution sowie des Verhältnisses Ägyptens zu Großbritannien findet Meier gelungen. Doch möchte er den Roman nicht unbedingt auf seinen gesellschaftsgeschichtlichen Inhalt hin lesen. Lieber konzentriert er sich auf die Selbstentfremdung des Helden, die er leicht auf den Autor und seine Biografie beziehen kann, auch wenn beider Wege letztlich anders verlaufen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.07.2018

Bei diesem Roman scheint es sich um eine veritable Wiederentdeckung zu handeln, wenn man dem Rezensenten Moritz Behrendt glaubt. Im Original im Jahr 1964 erschienen, wirft er einen Blick auf das Ägypten unter Gamal Abdel Nasser und das gleichzeitige London - und auf eine längst verflossene Zugewandtheit der Eliten Ägyptens zum Westen. Der Erzähler ist Kopte, hat mit Jüdinnen, Armeniern und Londonern zu tun und führt mit ihnen elegante und spitze Dialoge, erklärt der Rezensent. Die Repressionen der Nasser-Zeit würden hier klar beschrieben - anders etwa als bei heutigen säkular gesinnten Autoren wie Alaa al-Aswani, die Nasser nachtrauerten. Behrendt liest "Snooker in Kairo" als Einblick in eine versunkene Zeit zugleich noch vom Kolonialismus geprägter, aber intellektuell offenerer Beziehungen zwischen Ägypten und dem Westen. Der Autor, so Behrendt, hat 1969 Suizid begangen, auch weil er Deutschland, wo er eine Zeit im Exil verbrachte, nicht ertrug. Auf Englisch seien gerade seine Tagebücher erschienen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.05.2018

Christopher Resch erkennt die Brisanz in diesem Roman, den der Ägypter Waguih Ghali bereits vor fünfzig Jahren  veröffentlichte. Denn "Snooker in Kairo" erzählt von der postrevolutionären Zeit unter Präsident Nasser, als das Land nach allen Aufbruchshoffnungen träge und gelähmt darniederlag. Im Mittelpunkt des Romans steht der junge Ram, der - gebildet und attraktiv - einer verarmten Upperclass-Familie entstammt und nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll. Zwischen Alkohol, Frauen und England hin und hergerissen, entscheidet er sich schließlich für die Politik, um in der Kommunistischen Partei vollends zu verzweifeln. Ram ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, räumt der Rezensent ein, er ist launisch, sprunghaft und zynisch, aber am Ende wächst er dem Rezensenten doch ans Herz, vor allem bei dem Gedanken, was heute unter Abdel Fattah al-Sisi mit einem wie ihm geschehen würde.  

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.05.2018

So hellsichtig und klar hat Sonja Zekri kaum je über das Verhältnis der arabischen Welt zum Westen gelesen, wie in Waguih Ghalis Roman, so allgemeinmenschlich, wie der Autor die postkoloniale Zerrissenheit im Kairo der 50er Jahre beschreibt, als laut Zekri für einen Moment alles möglich schien. Die Sehnsucht nach einem säkularen, weltoffenen Leben spricht für sie aus jeder Seite der Geschichte, in der die Politik wie beiläufig vorkommt, so Zekri, und der Fokus auf dem gescheiterten Aufbruch liegt, der Desillusionierung einer ganzen Generation.
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